Nachts kommt er zurück. Dorthin, wo er tagsüber sein Revier gefunden hat. Wo er sich alles angesehen hat, den Baumbestand, das Unterholz, die Gräben, die Kuppen. Nun ist es dunkel, und Andreas Greber richtet sein Blitzgerät auf die Stellen, die er sich zuvor gemerkt hat. Dann lässt er den Assistenten hinter der Kamera den Blitz auslösen. So geht es Stelle um Stelle, Blitz um Blitz. Und alles addiert sich auf ein und demselben Negativ zu einem Bild, das der Fotograf noch nicht sieht. Denn jetzt ist er das Licht, aus dem die Fotografie entsteht. Indem er Bildpartie um Bildpartie aus dem Dunkeln schält. Und dabei selbst unsichtbar bleibt. «Irrlichter» nennt Greber seine Serie. Es sind unheimliche, unheimlich schöne Nachtstücke. Und unmögliche dazu, weil in diesem Wald das Licht von da wie dort und nirgends kommt. Man kann darin nun, mit dem Kunstkritiker Konrad Tobler, eine «Selbstreflexion des Mediums» erkennen, so wie in den zwei weiteren Arbeiten des Bildbands. Jedenfalls bildet dieser Fotograf nicht nur Dinge ab: Er fotografiert das Fotografieren mit.
August 2019, Daniel Di Falco
Andreas Greber: Im Schatten der Fotografie. Scheidegger & Spiess, Zürich 2019. 88 Seiten, 49 Franken. Buchvernissage: 24. August, 17 Uhr, Kornhausforum, CH-Bern